Sophia v. Stülpnagel, geb. von Pfuhl (Pfuel) [VIII/42] (1684-1744)

Man(n)agement und Frauenpower im 17. Jahrhundert?!

Wohlhabend und sorgenfrei – so stellen sich viele den Adel vor. Aber: blaues Blut alleine ernährt keine Familie! 

Sophia v. Stülpnagel, geb. v. Pfuhl (Pfuel), in Schulzendorf (Kreis Oberbarnim) geboren, muss eine besonders praktische und sparsame, aber auch energische Frau gewesen sein, die gemeinsam mit ihrem Mann Wolff Leopold (VIII/42, 1674-1730) in Taschenberg den Grundstock zur Wohlhabenheit der Familie legte: nach einer alten Familienüberlieferung soll sie ihren acht Kindern die Frühstücksbrote mit einem einzigen Eigelb bestrichen haben! Da zwischen dem ersten und achten Kind allerdings ein Altersunterschied von 17 Jahren lag, klingt diese Überlieferung doch etwas unwahrscheinlich. Wahrscheinlicher ist: mit einer solch überzeichneten Überlieferung soll darauf hingewiesen werden, dass auch einer adligen „Haus-Frau“ Alltagssorgen nicht fremd sind und nur mit strikter Sparsamkeit diesen begegnet werden kann! Dabei bezog sich der Begriff „Haus-Frau“ allerdings weniger auf die Aktivitäten im Haus als vielmehr auf die Stellung der Frau. Sie stand dem Haus vor, führte als „Herrin“ über Knechte und Mägde das Hauspersonal, sie war die unangefochtene „Managerin“ im und für das Haus! Bei aller Sparsamkeit war es für das Ehepaar zugleich selbstverständlich, sich großzügig zu engagieren, so z.B. bei der Stiftung von Glocken für die in den Jahren 1691/94 neu erbaute Kirche in Taschenberg, bei der Schenkung eines silbernen Abendmahlskelches 1709 an die Kirche oder beim wiederholten Verleihen größerer Geldbeträge an Nachbarn.

Dass Sophia nicht nur sparsam und großzügig, sondern auch energisch und temperamentvoll war, geht aus einer anderen Familienüberlieferung hervor:

„Ursprünglich hatte die in Taschenberg mit Vorwerk Lindhorst ansässige Familie v. Stülpnagel ein Gestühl in der Jagower Kirche, da in Taschenberg nicht regelmäßig Gottesdienst stattfand. Vor dem Jagower Kircheneingang sollen einst „Vicken“ (alte Koseform von Sophia, d.Verf.) und Frau v. Holtzendorff um den Vortritt in Streit geraten sein. „Vicken“ beanspruchte ihn als alte Frau und Verwandte gegenüber der viel jüngeren Frau v. Holtzendorff, während diese das Recht als Repräsentantin der Mutterkirche geltend machte, woraufhin „Vicken“ ihrer Nebenbuhlerin kurzerhand eine schallende Ohrfeige gegeben haben soll. Diese Episode hatte noch ein Nachspiel, denn eine der Schwestern Wolff Leopolds wurde nach dem Gottesdienst auf dem Kirchhof von den jungen Holtzendorff´schen Söhnen „hogststraffbaarer weyse“ verprügelt.“ (Geschichte des Geschlechts v. Stülpnagel, 1938, S. 56)

Sophias Wesen und ihre Stellung sind auf einem Ölbild festgehalten. Dabei spiegeln die teuren Importstoffe aus Seide und veredelten Tuche (in der Familiengeschichte 1938, S. 57 wird die Bekleidung beschrieben als „Graues Moirékleid [= ein Stoff mit changierendem Wellenmuster, welches eingeprägt wurde], Flügelhaube mit lila Band, blauer Samtmantel mit gelbem Atlasfutter“) sowohl den Platz der gekleideten Person innerhalb des Standes als auch ihre Bedeutung als Hausherrin des Gutsbesitzes wieder. Körperhaltung und Gesichtsausdruck zeugen von Selbstbewusstsein und Entschlossenheit – Frauenpower am Ende des 17. Jahrhunderts!

Das Ölbild (1,20 x 0,90 m), dessen Maler unbekannt ist, hing ursprünglich im Feldsteinhaus zu Taschenberg, wanderte dort auf den Boden und soll nach der Familienüberlieferung nur dadurch erhalten geblieben sein, weil es zum Zudecken einer Federtonne benutzt wurde.

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